Freitag, 27. Juli 2012

Mit dem Loveboat über die "Stehende Mast Route", 27.7.2012

"De Staanding Mastroute", ist eine ausgeschriebene Kanalroute, durch die man mit stehendem Mast problemlos von Vlissingen, durch die Vorgärten Hollands, bis nach Amsterdam kommt, sofern die Brücken und Schleusen mitspielen.
Unsere erste Übernachtung war in Kortgene, einem kleinen Dorf, das vom Tourismus lebt, bestehend aus einem großen Campingplatz, zwei Häfen und einer kleinen Strasse mit ein paar Gaststätten, nichts besonderes. Da wir auch erst um 23h ankamen, beschränkte sich unser Besuch auf einem kleinen Spaziergang mit einem abschließendem Glas Bier.

Stand die Freiheitsstatue nicht in NY?

Am nächsten Morgen sind wir schon früh weitergefahren, denn es lag noch ein weiter Weg vor uns und die Zeit wurde knapp. Bis ans Endziel Lemmer am IJsselmeer waren es zwar nur noch 100sm, die wir bis Sonntag hinter uns bringen mussten, doch da die Brücken und Schleusen nicht auf unser "Sesam öffne Dich" reagierten, standen uns lange Wartezeiten und Unterbrechungen bevor.
Wir haben immer noch Wind von West und so können wir nur ganz kurze Strecken segeln, aber trotzdem genießen wir die über weite Strecken idyllische Fahrt. Seltsam jetzt die vielen Menschen zu beobachten, die ihren gewohnten Tätigkeiten nachgehen, eine ganz andere Welt, als die unsere, in der wir die letzten 52 Tage gelebt haben...
Das Einkuppeln bereitet immer wieder Schwierigkeiten, gerade vor und in Schleusen oder beim Anlegen. Bei jeder kleinsten Veränderung des Motorengeräusches, bleiben mindestens zwei Herzchen kurzweilig stehen.
Nach gut 10 Stunden erreichten wir in den Abendstunden Dordrecht. Unmittelbar vor einer Kirche fanden wir einen Stegplatz, wo wir kostenlos übernachten konnten. Kaum hatten wir angelegt, fing es auch schon an zu regnen, doch auch der Regen konnte uns nicht davon abhalten, uns auf die Jagd nach was Essbarem zu machen.
Der erlegte Döner schmeckte himmlisch!

Dordrecht

Um sechs Uhr legten wir ab. Nur nach wenigen Seemeilen kamen wir an einer Brücke an, erfahrungsgemäß würden wir sicherlich eine ganze Weile warten müssen, bis sie für uns öffnet. Laut der Wasserstandsanzeige war 12m Luft unter der Brücke und mit einer Masthöhe von ca. 10m sollten wir problemlos unten durch kommen. Gesagt getan, mit Babyentengeschwindigkeit näherten wir uns langsam der Brücke. Aus der Entenperspektive unmittelbar vor der Brücke sah es aus, als würde der Mast definitiv oberhalb der Saling an der Brücke zerschellen...
Herzklopfen, mal wieder...
Klock-Klock-Klock...
Der Mast passte unten noch so gerade durch, aber die Antenne, die auf dem Mast befestigt ist, schleifte entlang der Querstreben der Brücke. Wir kamen durch! Der Mast steht noch! Die Antenne blieb ohne Schaden, die schon viel zu lang angehaltene Luft konnte wieder aus unseren Lungen entweichen.




Weiter ging es durch die Kanäle, entlang wunderschöner, teilweise recht ausgefallener Villen im Vorort Rotterdams. Die ersten Frühaufsteher saßen schon beim Frühstück auf ihrer Veranda und schauten verdutzt. Es kommt wohl nicht häufig vor, dass ein Segelboot unter amerikanischer Flagge an ihnen vorbeifuhr. An diese Blicke musste man sich erstmal gewöhnen, aber es erfüllte uns natürlich schon mit stolz. Langsam wird uns bewusst, was wir geschafft haben.

Clubhaus am Braassemermeer


Eine kleine Mittagspause legten wir in einem Clubhaus in Roelofarendsveen ein. Ein seltsames Gefühl, den hier auf dem Braassemermeer segel ich im Winter gewöhnlich Regatten. Langsam kommen wir nach Hause!

Das Highlight der 'Stehenden Mastroute' ist die nächtliche Fahrt durch Amsterdam. Bis um 1 Uhr versammeln sich alle Schiffe vor einer Schleuse. Nach einer kurzen Ansage über Funk, werden dann alle Brücken in Amsterdam für die Durchfahrt im Konvoi geöffnet. Ganze zwei Stunden geht es dann nacheinander durch Amsterdams Wohnzimmer. Viele Menschen schauen sich das Spektakel vom Ufer oder aus den Fenstern ihrer Wohnungen aus an, ein rot-grün-weißes Lichtermeer dass an ihnen vorbeizieht. Gegen 3 Uhr kommen wir an der letzten Schleuse vor dem Amstelkanal an. Der Amstelkanal verbindet das Ijsselmeer (Markermeer) mit der Nordsee.

Schleuse vor Amsterdam
im nächtlichen Konvoi durch Amsterdam

Aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit entschließen wir uns, nicht wie geplant in Amsterdam zu übernachten, sondern die Nacht durchzufahren.
Am frühen Vormittag erreichen wir Lelystadt, wo Nadine und ich aussteigen. Jetzt heißt es Abschied nehmen. Der kleine verrückte Franzose wird mir ganz schön fehlen! Auch die vielen leckeren Gerichte! Habt Ihr gewusst, dass man Kartoffeln nicht nur als Beilage sondern auch prima wie Gemüse in Soßen schnibbeln kann? Sogar zusammen mit Nudeln!!

Ein letztes Mal mache ich die Leinen los, diesmal aber bleibe ich auf dem Steg, während Sylvain und Matthias langsam aus dem Hafen tuckern.

Ich hoffe, er wird mir irgendwann verzeihen, dass ich seine Schweinefilets hab ins Meer fallen lassen und dass ich den letzten Müsliriegel heimlich aufgegessen habe (gut dass er nichts von den anderen weiß, wo er mich nicht erwischt hat...).
Sicherlich wird er mir nie die vielen Male verzeihen, wo ihm das Essen beim Kochen um die Ohren geflogen ist, als ich am Ruder stand, aber Sylvain, Du weißt doch, 'es war die Welle'!!




Abschied in Lelystad
Bye Bye



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